Impressionen
in Bild und Wort

Dienstag, 13. Mai 2008 – Von St-Élophe nach Neufchâteau (9 km)

 

Heute Morgen frühstücken wir allein. Die Familie ist schon unterwegs. Die Eltern bei der Arbeit, der Sohn in der Schule. Die Tante hat uns das Petit-Déjeuner bereitet. Sogar mit hausgemachter Paté.

 

Da wir während unserer heutigen Etappe nur halb so viel Kilometer wie sonst üblich gehen müssen, lassen wir uns Zeit. Gegen halb 10 Uhr verlassen wir das kleine Häuschen unserer Gastfamile (ein ehemaliges Bauernhäuschen).

 

Interessante Parallele: Vor einem Jahr haben wir auf unserem Jakobsweg auch in einem ehemaligen Bauernhof bei einer Gastfamilie übernachtet. Und der kleine Ort damals war ebenfalls nach einem Heiligen benannt: Saint-Hubert. Aber hier in Frankreich gibt es ja viel mehr kleine und größere Orte als in Deutschland, die Heiligennamen tragen. Das ist historisch begründet, denn die Franzosen sind ja fast alle katholisch, zumindest auf dem Papier. Trotzdem haben es die Kirchen in diesem laizistischen Staat nicht leicht. Sie leben überwiegend von Spenden, Kirchensteuer kennt man nicht. Und der Staat kümmert sich nur um die kulturhistorisch und touristisch interessanten Kirchen und Klöster. Dementsprechend verfallen immer mehr kleinere Gebäude, auch wenn sie schon mehrere Hundert Jahre alt sind. Die meisten katholischen Kirchen hier stammen aus dem Mittelalter bzw. den Anfängen der Neuzeit. Im 19. Jahrhundert, also nach der französischen Revolution war es vorbei mit dem Neubau katholischer Gotteshäuser in Frankreich. Zu sehr hatten sich ein Großteil des Klerus und des Adels mit ihrem verschwenderischen Lebensstil auf Kosten der darbenden Bauern und Arbeiter im 18. Jahrhundert unbeliebt gemacht.

 

                                Soweit die kurze Abschweifung und zurück zum Weg: Direkt hinter

                                unserem Chambre-d’Hôtes führt ein kleiner Waldweg in wenigen

                                Minuten nach Soulosse-sous-Saint-Élophe. Die meisten Jakobspilger

                                gehen von hier aus bis Neufchâteau über die vielbefahrene

                                Hauptstraße Toul - Neufchâteau. Sie übernachten nicht in

                                St-Élophe und wollen so schnell wie möglich nach Neufchâteau.

                                Dabei lohnt sich der kleine Umweg von 2,5 Kilometer, den wir heute gehen. Denn viele Lastwagen rasen über die Hauptstraße, die keinen separaten Fußgänger oder Radweg hat. Wer also Zeit hat und wem der Weg das Ziel ist, sollte den Umweg nehmen und wird reichlich belohnt.

 

Östlich von Soulousse-sur-St-Élophe führt ein kleines Sträßchen über Fruze in ein Waldgebiet mit einem idyllischen Bach namens „Frezelle Rau“. Hier entlang gibt es einen Waldweg, mal sanft rauf, mal sanft runter – eben Mittelgebirgslandschaft mit leichten Steigungen.

Irgendwann überqueren wir das Bächlein über einen schmalen Steg (zwar aus Eisen, aber mit etwas wackeligem Geländer) und machen direkt dahinter auf einer kleinen Wiese im saftigen Grün unter schattigen Bäumen unsere Mittagspause. Überhaupt meint es Petrus heute wieder gut mit uns und auch die fast schon paradiesische Landschaft lädt ein zum Verweilen und Durchatmen. Genießen wir die Ruhe hier, denn bald sind wir wieder in der Zivilisation.

 

Weiter geht’s Richtung Südwesten etwas den Berg hoch. Dabei sind

wir immer noch im Wald, der durch kleine Lichtungen unterbrochen

wird, auf denen Kühe, Schafe und Pferde weiden. Als wir den Wald

verlassen, stoßen wir wieder auf riesige Rapsfelder. Gelb, soweit das

Auge reicht und dabei der wolkenlose blaue Himmel. Am Horizont der

Flugplatz von Neufchâteau und die ersten Häuser.

 

Als wir bergab in den Ort hineingehen, vorbei an einfachen und mondänen älteren und neueren Häusern, stoßen wir auf die vom Elsass kommende Hauptstraße, die von Ost nach West führt. Dementsprechend stark ist auch der Durchgangsverkehr. Viele Lastwagen sind dabei und so gibt es auch entsprechende Restaurants. Da es noch keine 14 Uhr ist, verlockt uns ein kleines Schild „Menü ab 10,50“ zum Mittagessen. Normalerweise essen wir abends warm, jetzt machen wir eine Ausnahme. Denn die in Frankreich für ihre gute und preiswerte Hausmannskost berühmten Fernfahrer-Restaurants haben wir lange vermisst. Sie befinden sich ja auch meistens nur an viel befahrenen National- oder Département-Straßen.

 

Nach dem reichhaltigen Menü mit 4 Gängen inkl. Getränke für 13 EUR pro Person laufen wir noch einige Hundert Meter bis zu unserem Hotel „Eden“, wo wir uns erst mal frisch machen und von den „Strapazen“ unseres heutigen „Kraftmarsches“ ausruhen.

 

Nachmittags und abends wird die Stadt besichtigt. Obwohl sie von der Einwohnerzahl kleiner ist als Toul, kommt sie uns lebhafter und größer vor. Das liegt vielleicht einerseits an der Lage: Es kreuzen sich zwei Durchfahrtsstraßen (Épinal <> Chaumont und Nancy <> Langres) mitten in der Stadt. Und andererseits ist es eine „bergige“ Stadt, mit viel Rauf und Runter. Wenn wie hier noch mehrere Flüsschen hindurchfließen, ist die Stimmung bei sonnigem Wetter perfekt. Das macht eine Stadt für mich interessant. Einzig was hier stört, ist der Lärm und der Gestank der Autos und der Mopeds, wobei letztere in Frankreich ja viel verbreiteter sind als in Deutschland.

 

                           Doch ab 9 Uhr werden auch hier die Trottois herunter

                           geklappt. Wir sitzen in der Altstadt oben an der

                           Kirche St-Nicolas und schauen hinab ins Tal.

                           Es kehrt Ruhe ein und auch die Luft wird offenbar

                           sauberer.

                          

                           Nach und Nach gehen die Lichter in den Straßen und

                           Häusern an und der Himmel taucht ab ins tiefe Blau.

                           Das sind so kleine spirituelle Glücksmomente, die

                           Kraft geben und Zeit zur Besinnung…..

Tour 4 - Etappe 3

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4.1  4.2  4.3  4.4  4.5  4.6  4.7  4.8

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