Dienstag, 1. Juni 2010 – Von Cluny nach Mâcon (23 km)

 

Heute verlassen wir den ausgeschilderten Jakobsweg nicht nur für kurze Zeit. Denn wir haben uns schon vor ein oder zwei Jahren entschieden, nicht über Le Puy, sondern weiter Richtung Süden zu gehen. Von dort - etwa in Höhe Avignon - machen wir eine 90 Grad-Kurve Richtung Westen. Aber das ist noch Zukunftsmusik. „So weit die Füße tragen“ ist unser Motto - und es wird noch sicher zwei  Jahre dauern bis wir das bisherige „Go South“ mit „Go West“ vertauschen können.

 

Unsere Entscheidung gegen Le Puy und den sicher kulturhistorisch bedeutsameren Weg „Via Podiensis“ hat u. a. den Grund, dass wir uns die doch teilweise sehr sportlichen An– und Abstiege auf bzw. von Höhen über 1000 m nicht zumuten wollen. Deswegen halten wir es vorerst mit den Römern, die vor zweitausend Jahren bei der Eroberung Galliens und Germaniens anfangs den „bequemsten“ Weg nach Norden gewählt haben - wobei wir den Weg „andersrum“ gehen und unsere „Eroberungsgefühle“ dabei völlig gewaltfrei sind.

 

Man könnte aber auch sarkastisch formulieren, dass wir nur die Weinberge nicht mehr missen wollen, die uns mehr oder weniger schon seit Trier begleiten: Zunächst die an der Mosel, sei es in Deutschland oder in Lothringen, dann die in der Gegend von Toul und schließlich, nach einer kleinen „kargen“ Unterbrechung, die mit den burgundischen Spitzenweinen der Côte d‘Or in der Bourgogne. Und in den nächsten Tagen treffen wir auf die Weinlagen des Mâconnais und des Beaujolais, die beide zwar noch zum Weinanbaugebiet Burgund gehören, verwaltungstechnisch zählt das Beaujolais aber bereits zum Department Rhônes und damit zur Region Rhônes-Alpes.

 

Aber das mit den Weinbergen auf unserem Weg ist nur eine gefällige Begleiterscheinung, ein Bonbon oder Leckerli für die  Strapazen, die manchmal doch arg vorhanden sind. Wobei Weinberge pur für Wanderer auch zum Alptraum werden können, besonders wenn die Sonne brennt und schattigen Abschnitte rar sind. Gut, dass das auf unserem Weg nur vereinzelt der Fall war, so zwei Tage auf der Côte d‘Or zwischen Dijon und Beaune im letzten Jahr.

 

Ansonsten waren unsere Wege bisher sehr abwechslungsreich - und wir hoffen, dass es so bleibt. Denn auch der Jakobsweg ist der Weg des Lebens: Es gibt Höhen und Tiefen, Um– und Abwege,  mal belebt, mal einsam. Hauptsache die Richtung stimmt und man verliert das Ziel nicht aus den Augen - und es ist noch genügend Zeit eingeplant, einige kleine und große Kostbarkeiten am Wegesrand zu entdecken und zu genießen.

 

                              Also verlassen wir heute Cluny Richtung Süd-Ost. Zunächst gibt es

                              einen 6 km langen Aufstieg, der uns von einer Höhe von 237 m auf

                              476 m bringt. Belohnt werden wir eine Stunde lang durch einen

                              fantastischen Blick zurück auf Cluny, das Tal der Grosne und die

                              dahinter liegenden teilweise bis über 500 m hohen Berge im Westen,

                              durch die der Jakobsweg nach Le Puy verläuft.

 

Auf der Höhe angekommen ist es „umgekehrt“: Nach einer Trinkpause am Croix de Fer haben wir einen ebenso langen Abstieg vor uns mit ebenso beeindruckenden Weitblicken ins Tal und in die dahinter liegenden Gebirgszüge. Und immer wieder

bezaubernde, gut restaurierte und mediterran anmutende Ortschaften.

 

Von oben sehen wir die mächtige Burganlage von Berzé-le-Châtel. Wir

kommen gegen Mittag durch den nicht nur für seinen Wein, sondern

auch für sein „Château des Moines“ mit der Kappelle der Mönche

bekannt gewordenen Ort Berzé-la-Ville. Leider lag die Kapelle, die für

ihre wertvollen Fresken berühmt ist, etwas abseits vom Weg, so dass

wir auf das ganze Anwesen, welches eine Abteilung der Abtei von Cluny

war, nur einen schönen Blick von oben werfen konnten.

 

Der Ort selbst ist fein herausgeputzt. Übrigens entdecken wir ab hier

und heute fast durchgängig die halbrunden Dachziegel, die so südlän-

disch mediterran aussehen und die wir von der Provence her kennen.

 

Eine halbe Stunde später sind wir unten in la Roche-Vineuse, ebenfalls ein bekannter Weinort. Im Tal hier verläuft eine vielbefahrene Nationalstraße und die TGV-Strecke, der wir schon gestern auf dem Weg nach Cluny begegnet sind. Wir bleiben aber nicht unten, sondern gehen noch einmal zwei Kilometer aufwärts in die Weinberge und dann - ebenfalls zwei Kilometer - abwärts nach Prissé, vorbei am berühmten Weingut Montceau mit dem Pavillons des Girondins.

 

                              Die letzten 10 km bis zu unserem Tagesziel laufen wir wieder unten

                              im Tal einen Voie verte. Allerdings nicht ganz so langweilig wie

                              vorgestern der Weg von Buxy, den wir im Regen gehen mussten.

                              Hier haben wir nicht nur keinen Regen, sondern auch interessante

                              Aussichten links und rechts der Piste cycleable: Weinberge auf der

                              einen, reizvolle Anwesen auf der anderen Seite. Auch die Geräusche

                              sind vielseitig: Vogelgezwitscher auf der einen, TGV– und Rue Nationale-Geflüster auf der anderen Seite. Und von oben beglücken uns heute auch schon mal einige Eurofighter im Tiefflug.

 

Dann, gegen 15 Uhr, am Ende der Piste, lassen wir uns noch in einem kleinen Terassencafé nieder und löschen unseren Durst. Denn die Sonne heute hat sich zwar nur selten sehen lassen, aber dafür hat uns eine schwülwarme Dunstglocke doch zu schaffen gemacht.

 

Das Ziel unserer heutigen Etappe ist der TGV-Bahnhof Mâcon-Loché. Von dort fahren wir gegen 16 Uhr mit dem Linienbus nach Mâcon. Denn zu Fuß in Großstädte hineinlaufen - wie vor drei Jahren in Metz oder letztes Jahr in Dijon - das wollen wir uns künftig nicht mehr antun.

 

Der Bus fährt nur eine viertel Stunde und am Bahnhof finden wir auch

schnell eine Unterkunft. Die Sonne scheint jetzt plötzlich wieder und wir

genießen einen Stadtbummel durch die alte Stadt mit historischem

Baubestand von der Renaissance bis ins heutige Zeitalter. Da die Stadt

im hundertjährigen Krieg (bis 1453) stark zerstört wurde, gibt es keine

Bauten aus der Zeit vor diesem Krieg. Aus der Zeit um 1500 stammt das

älteste Haus von Mâcon, das Maison de Bois. Ein aus dunklem Holz

gebautes Haus mit freizügigen Figuren reichhaltig geschmückt.

 

Abends an der Uferpromenade der Saône finden wir ein gutes

preiswertes Restaurant. Es nennt sich nach dem berühmten Sohn

der Stadt: „Le Lamartine“.

 

Alphonse de Lamartine (1790-1869) war Poet und Romancier,

gleichzeitig aber auch Politiker. Ein Teilstück der Promenade ist

kürzlich neu gestaltet und ihm gewidmet worden.

 

Impressionen
in Bild und Wort

Tour 6 - Etappe 6

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6.1  6.2  6.3  6.4  6.5  6.6  6.7  6.8  6.9

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